Die Pride-Heuchelei

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Meine Meinung zum CSD/Pride allgemein ist, denke ich, fast jedem, der das hier lesen wird, bekannt. Es ist kein Trauermarsch und keine Demonstration für mich, sondern nur noch eine einzige Party. Dazu werde ich also nicht mehr viele Worte verlieren.
Was mir aber in den letzten zwei Jahren vermehrt aufgefallen ist, ist die Cancel-Culture der queeren AktivistInnen. Und irgendwie nimmt es langsam Ausmaße an, die ich persönlich nicht mehr für vertretbar halte.

Immer lauter wird das Fetisch-Verbot-Gesuch. Ich habe bereits vor einem Jahr darüber geschrieben. Und obwohl der Aufschrei damals sehr groß war, wird in immer mehr CSD Vereinen über ein solches Verbot diskutiert und das finde ich … ist die größte Heuchelei der queeren Community.
Aber damit hört die Heuchelei ja nicht auf. In Mainz demonstrierten linke (Das wurde in dem Artikel so geschrieben) AktivistInnen gegen einen CSD-Infostand der Polizei. (Quelle) Und hier stellt sich die Frage, was ist Aktivismus und wann beginnt Extremismus?

Laut den OrganisatorInnen der Mainzer Pride, hatten die AktivistInnen keinerlei Kompromissbereitschaft und haben bis zum Letzten, trotz Platzverweise, Aufnahme der Personalien, etc. pp, auf ihren Standpunkt beharrt und den Stand der Polizei boykottiert, bis dieser freiwillig den Rückzug angetreten sind. Die Polizei. Nicht die AktivistInnen.
Das Gedankengut, was bei dieser Aktion vorzuherrschen scheint, ist m. E. nicht mehr zeitgemäß. Ich möchte aus dem Beitrag, aus der Stellungnahme der Schwuguntia, einmal zitieren:

Heute leben wir jedoch in einer anderen Realität: Es gibt keine Gesetze mehr gegen LSBTIQ*, sondern Gesetze, die uns schützen. Die Polizei als Institution schützt und unterstützt uns sichtbar auf über 100 CSDs in Deutschland, teilweise mit Freude, wie kürzlich auf einem Video aus Köln sichtbar war.

Zitat: Schwuguntia / Quelle: https://www.queer.de/detail.php?article_id=42918

Queer Mainz argumentiert jedoch gegen. Für sie haben wir noch queerfeindliche Gesetze in Deutschland. Wie z.B. die fehlende gleichgeschlechtliche Elternschaft, das noch bestehende Transsexuellengesetz (Was doch meines Wissens gerade in Arbeit ist, oder? Habe ich da was nicht mitbekommen?) Oder z. B. die Abschiebung queerer Mitmenschen in entsprechende Verfolgerstaaten.
Ich möchte die Sachen nicht Verharmlosen aber … ist das nicht sache der Politik? Warum stürzt man sich dabei auf die Polizei, die sogar vom Organisator des CSD Mainz geladen wurde? Alle in dem Artikel genannten, queerfeindlichen, Gesetze sind nicht Sache der Polizei.

Was soll diese Heuchelei überall? Was würden diejenigen denken, die bei den Stonewall Aufständen für unsere Rechte gekämpft haben? Für Gleichberechtigung unabhängig der Sexualität, Herkunft, Transidentität etc. pp.? In Deutschland haben es sich viele Menschen zur Angewohnheit gemacht, Leute ausschließen zu wollen. Dabei stehen die Prides doch dafür, dass wir offener sind?
Gegen Fetisch Menschen wird auch immer wieder außerhalb der Prides gebashed. Gerade wenn es z. B. um Petplay Artikel geht, wird förmlich nach Heteronormativität geschrien. „Sowas gehört nicht an die Öffentlichkeit“. Wenn es um die Polizei geht: „No Cops at Pride“. Wenn es um Weiße geht, die Rastalocken tragen: „Hier werden Kulturen gestohlen“.

Wenn ich im Internet schaue, finde ich inzwischen fast mehr offene Cis-Menschen die Hetero sind, als offene queere Menschen. Das in der Öffentlichkeit keine sexuellen Handlungen durchgeführt werden sollten, ob trocken oder eben nicht, ist denke ich selbstverständlich. Zumindest ist das meine Meinung dazu.
Aber was ist passiert, dass die Heteronormativität in der queeren Community so auf dem Vormarsch ist? War es nicht jahrelang unser Ziel, gegen diese konservativen Einstellungen zu kämpfen? Am Ende blockiert, m. M. n., queer Mainz genau diesen Fortschritt. Und auch menschen, die genauso denken wie sie.

Auch Menschen die eine wachsende und sehr konservative Einstellung haben, blockieren unseren Fortschritt. Vermutlich sogar, ohne sich dessen bewusst zu sein. Unter Anderem, haben Fetisch Menschen damals dafür gesorgt, dass wir frei leben können. Die Polizei beschützt uns vor übergriffen gegen Hassverbrechen und gerade in Berlin, werden diese Verbrechen von der Polizei sehr ernsthaft und gewissenhaft (soweit ich das Beurteilen kann) verfolgt.

Wofür gehen Leute noch auf den CSD? Damit wir noch konservativer werden? Das wir uns der Heteronormativität anpassen? Damit wir genauso werden wie die, die uns am liebsten wieder in den Schrank sehen würden? Denn genau das wird immer mehr verlangt.
Zusätzlich werden Institutionen Gewalttaten vorgeworfen, die nicht da sind oder für etwas verantwortlich gemacht, worauf sie gar keinen Einfluss haben und haben können. Wir haben in dieser Welt, in der aktuellen Zeit, genug andere Probleme, die von größerem Ausmaß sind als unsere kleinen Befindlichkeiten.

Wir sollten aufhören, uns das Leben gegenseitig schwer zu machen. Kämpfen ja. Aber wenn dann für und mit allen, die mitkämpfen wollen. Dazu gehören Fetischisten, Stinos, Polizei, Feuerwehr, Politiker und Firmen. Und ja: Es gibt pinkwashing. Aber auch das ist Aufmerksamkeit, die wir für unsere Rechte sehr gut gebrauchen können.
Extremismus ist scheiße. Und das, was da in Mainz abging, war schon in dieser Kategorie einzuordnen. Und das die Menschen so davon überzeugt waren, dass diese Aktion berechtigt war, zeigt sehr gut, wie wenig Umsicht sie besitzen. Denn am Ende ist es, wie oben schon erwähnt, Sache der Politik. Nicht der Polizei.

Wir sollten wieder anfangen, Gutes zu verbreiten. Keine Missgunst. Kein Hass. Und keine Diskriminierung. Denn gerade was Diskriminierung angeht, sind queere Menschen oder Gruppierungen, oft Spitzenreiter. Denn Kämpfen und dabei ausschließen ist einfach nur Heuchelei. Und das ist sehr bedauerlich.

Gerry

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2 Kommentare zu „Die Pride-Heuchelei“

  1. Extremismus ist nie gut, egal in welcher Form und von welcher Seite. Ich für meinen Teil war schon immer politisch neutral. Was ich aber genau deswegen beobachten konnte wsr, dass die Hemmschwelle der Leute immer weiter sinkt. Umso schneller, wenn sie nur auf ihre eigenen Rechte beharren.

    Aber mehr Rechte zu haben, bedeutet nicht gleichberechtigt zu sein. Zumal die meisten sich wirklich nur eine Ebene höher stellen als ihre selbst gewählten Gegner. dogger4Shrug

    Aber für ein friedvolles, gemeinsames Miteinander ist nichts davon förderlich.

  2. Eine ähnliche Situation gab es auf dem CSD in Kiel dieses Jahr, gegen späten Nachmittag tauchten plötzlich „linke“ Aktivisten auf, die sich mit Anti-Polizei Bannern vorm dem geladenen Stand der Pol SH postierten.

    Die Polizei war unser Standnachbar und ist hier oben im Generellen sehr gechillt, dementsprechend haben sich einige Petplayer mit einem großen Banner von uns vor dem Banner der „linken“ versammelt, um so wenigstens ihre Botschaften zu verdecken.
    Auf Twitter haben sich dann natürlich gleich ein paar andere „Linke“ auf diese Vorkommnisse gestürzt, ein paar fanden unsere Aktion lächerlich bzw. haben sich sarkastisch bedankt, da wir ihnen letztlich ja dabei geholfen hätten den Stand der Polizei zu verdecken, der Rest hat sich heillos über uns beschwert. Wir würden ja genau so durch die Polizei unterdrückt wie alle anderen auch, blablabla, quasi „Unterstützung für den Feind“ im extremsten Fall.

    Auch vor Ort waren die Demonstranten wohl nicht allzu begeistert.
    Ich verstehe solche Leute einfach nicht. Die Polizei war geladen, die Polizei war freundlich und auch sehr willkommen auf dem CSD. Keiner auf dem Straßenfest hat verstanden, was genau das sollte und warum nicht einfach eingesehen hat, dass diese Botschaften nicht erwünscht sind. Platzverweise etc. wurden natürlich auch munter ignoriert.

    Aber wenigstens ist bei uns kein Fetischverbot im Gespräch – der CSD Kiel hat sogar explizit darum gebeten, dass wir nächstes Jahr wieder dabei sind. dogger4UwU dogger4Hehe

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